Berufswahl




Die Berufswahl ist die Entscheidung über das Ergreifen oder Ändern des ausgeübten Berufs oder die Aufnahme einer Berufsausbildung.


Es handelt sich um eine unter bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen und Einflüssen stehende, in der Regel wiederholt sich einstellende, interaktive Lern- und Entscheidungsphase, deren jeweiliges Ergebnis dazu beiträgt, dass Menschen unterschiedliche berufliche Tätigkeiten ausüben.[1]




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Geschichte


  • 2 Bedingungsfaktoren der Berufswahl


    • 2.1 Endogene Faktoren


    • 2.2 Exogene Faktoren




  • 3 Fünf Schritte zur Berufswahl


  • 4 Berufswahlvorbereitung in Schulen


  • 5 Geschlechtsspezifische Berufswahl


  • 6 Beratungsangebote


  • 7 Kritik am Begriff


  • 8 Siehe auch


  • 9 Literatur


  • 10 Weblinks


  • 11 Einzelnachweise





Geschichte |


Bereits in der frühen Neuzeit entwickelten visionäre Gelehrte Ideen zur planvollen und optimierbaren Berufswahl. So empfahl der Geograph und Universalgelehrte Johann Gottfried Gregorii alias MELISSANTES bereits im Jahr 1715 die Wahl des Berufes nach vorheriger Selbstexploration. Die Berücksichtigung von Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit sollte mit dem persönlichen Temperament nach der Temperamentenlehre des Galenos abgeglichen werden.[2]


Die Möglichkeit (und Notwendigkeit) einer Berufswahl ist Folge der Berufsfreiheit. Eine freie Berufswahl war bis in das 19. Jahrhundert hinein durch eine Vielzahl von gesetzlichen Einschränkungen und berufsständischer Regeln eingeschränkt.


In der DDR bestand eine starke Einschränkung der Möglichkeit der Berufswahl. Es bestand ein "Prozess der Zuführung des Arbeitskräftenachwuchses" als Teil der Arbeitsplätzelenkung. Die Aufgabe, den geplanten Bedarf der Betriebe und die Wünsche der Jugendlichen in Einklang zu bringen, hatte die Schule.[3] Der Abschluss eines Ausbildungsvertrages bedurfte der Zustimmung des Amtes für Arbeit. Die Umsetzung des eigenen Berufswunsches war von der politischen Zuverlässigkeit und der sozialen Herkunft abhängig.



Bedingungsfaktoren der Berufswahl |


Die Berufswahl als Entscheidungsprozess hängt von einer Vielzahl endogener und exogener Bedingungsfaktoren ab.[4]



Endogene Faktoren |


Als innere (endogene) Bedingungsfaktoren der Berufswahl werden jene Determinanten bezeichnet, welche die individuellen Entscheidungskriterien für die Selektion der Berufswahlalternativen als Grundlage haben.
Dazu gehören physische Voraussetzungen (Geschlecht, Alter), aber auch Eignung (schulische Leistung), Neigung im Sinne von Interessen des Einzelnen und sonstige endogene Faktoren wie Verantwortungs- und Entscheidungsfähigkeit.



Exogene Faktoren |


Äußere (exogene) Faktoren der Berufswahl sind diejenigen gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen und Kriterien, welche außerhalb des Einwirkungsbereichs des Jugendlichen liegen.
Die Berufswahlentscheidung hängt dabei von verschiedenen Lebensbereichen wie Familie, Schule und Peergroups, aber auch der aktuellen Arbeits- und Ausbildungsmarktlage ab.



Fünf Schritte zur Berufswahl |


Das Zusammenspiel endogener und exogener Bedingungsfaktoren formt beim Berufswählenden bestimmte Vorstellungen und Erwartung an die Arbeitswelt. Ein Modell in fünf Schritten zur Berufswahl könnte wie folgt aussehen:




  • Selbsterkenntnis: Was sind meine Fähigkeiten und Interessen?

  • Informationen über die Berufswelt

  • Gegenüberstellung der Selbsterkenntnis und der gewonnenen Informationen

  • Eingrenzung der Wahlalternativen: Rangreihe bevorzugter Berufe, Praktika

  • Berufswahlentscheidung: Eingrenzung auf den gewünschten Beruf, Überprüfung der Ausbildungsmarktlage.


Den Prozess der Berufswahl des Einzelnen zu begleiten und zu unterstützen, das ist eine Aufgabe der Einrichtung Schule in ihrer Qualifikations- und Sozialisationsfunktion.



Berufswahlvorbereitung in Schulen |


Neben dem Elternhaus und den Freunden kommt der Institution Schule als ein exogener Bedingungsfaktor eine bedeutsame Rolle der Berufswahlvorbereitung zu: Schulen leisten erste didaktische Schritte zur Hinführung Jugendlicher in die Berufs- und Arbeitswelt.


Es ist die Aufgabe der Lehrenden, individuelle Fähigkeiten der Schüler wie Entscheidungsfähigkeit und Eigenverantwortung zu stärken und Kompetenz zu vermitteln, welche die Arbeitsmarktfähigkeit sicherstellen. Im Speziellen durch das Fach Arbeitslehre sollten den Schülern technische, ökonomische und soziale Grundfähigkeiten und -kenntnisse nähergebracht werden. Das geschieht mit dem Ziel, die Schüler zu einer ersten Berufs- und Ausbildungsentscheidung zu befähigen. Die Haupt- und Realschulen, teilweise auch Gymnasien, organisieren dazu Betriebspraktika, damit werden den Schülerinnen und Schülern Einblicke in Berufs- und Arbeitstätigkeiten ermöglicht, die wesentlich der Berufswunschkontrolle dienen, aber auch Einblicke in andere Berufe (Zweitpraktika) bieten sollen.



Geschlechtsspezifische Berufswahl |




Beratungsangebote |


Um die Berufswahl zu unterstützen, bestehen eine Vielzahl von Angeboten der Berufsberatung, Ausbildungsberatung und Studienberatung.


Als staatliche Institution, die professionelle Berufsberatung anbietet, ist die Berufsberatung der Agentur für Arbeit zu nennen. Im Vordergrund steht hier ein kostenloses persönliches Beratungsgespräch mit einem Berufsberater oder einer Berufsberaterin. Neben einer Stärken-/Schwächenanalyse werden hier vor allem persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, Selbstinformationswege und Informationen über den hiesigen Ausbildungsmarkt thematisiert.
Private Unternehmen organisieren Verbrauchermessen zum Thema Berufswahl oder geben in Jugendmagazinen wertvolle Tipps rund um das Thema Berufsorientierung. Berufsberater geben Einzel- oder Gruppen-Coachings, um die Stärken jedes Einzelnen herauszuarbeiten und ihn so gezielt bei der Studien- und Berufswahl unterstützen zu können.



Kritik am Begriff |


Zuweilen wird der Begriff Berufswahl im Sinne einer freien Wahl als ungerechtfertigt angezweifelt, da die Vielfalt an individuellen, institutionellen und sozioökonomischen Bestimmungsfaktoren eher einen Arbeits- und Berufsfindungsprozess darstellen würden.[5][6]



Siehe auch |


  • Berufslenkung


Literatur |



  • Denis Buss, Anke Tillmann: Aus dir wird was! Alles zur Studien- und Berufswahl. Köln 2012, ISBN 978-3-00-037172-1.

  • Lothar Beinke: Familie und Berufswahl. Bock Verlag, Bad Honnef 2002, ISBN 3-87066-853-9.

  • Lothar Beinke: Berufswahlschwierigkeiten und Ausbildungsabbruch. Frankfurt 2011, ISBN 978-3-631-61481-5.

  • Lothar Beinke: Berufsorientierung – ein System. Frankfurt 2012, ISBN 978-3-631-65413-2.

  • Mosberger, Brigitte / Schneeweiß, Sandra / Steiner, Karin: Praxishandbuch: Theorien der Bildungs- und Berufsberatung. Wien (AMS, ABIF) 2012, http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/AMS_PH_TBBB.pdf



Weblinks |



 Wiktionary: Berufswahl – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen


  • https://www.berufskunde.de

  • http://www.berufskatalog.de


  • Kultusministerkonferenz: Berufliche Bildung

  • Berufliche Bildung Berlin-Brandenburg


  • Berufswahlvorbereitung in Thüringen (PDF 60 kB)

  • Berufswahlvorbereitung mittels der Nutzwertanalyse



Einzelnachweise |




  1. Ludger Busshoff: Berufswahl. Theorien und ihre Bedeutung für die Praxis der Berufsberatung. Kohlhammer, Stuttgart/ Berlin/ Köln/ Mainz 1989, ISBN 3-17-010865-4.


  2. Melissantes: Curieuser Affecten-Spiegel ... Frankfurt/ Leipzig 1715.


  3. Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem vom 25. Februar 1965.


  4. A. Blasche u. a.: Bedingungsfaktoren der Berufswahl, Unterrichtsmaterial zur Arbeits-, Wirtschafts- und Gesellschaftslehre. 2. Auflage. Druck Verlag, Hannover 1985, ISBN 3-925658-09-2.


  5. Manfred Tessaring (Hrsg.): Ausbildung im gesellschaftlichen Wandel. Ein Bericht zum aktuellen Stand der Berufsbildungsforschung in Europa. Amt für Amtliche Veröff. der Europ. Gemeinschaften, Luxemburg 1999, ISBN 92-828-6149-X.


  6. Lothar Beinke: Berufswahl. Bock Verlag, Bad Honnef 1999, ISBN 3-87066-753-2.









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