Tabernakel






Tabernakel in der Altarsäule der St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin




Tabernakel auf einer Stele in St. Maria in Sehnde




Zugang zum Tabernakel an der Rückwand des Hochaltares von St. Martin in Landshut




Tabernakel mit Expositionsnische in Dietfurt an der Altmühl




Tabernakel am Karfreitag – offen und leer; Liebfrauenkirche in Bad Harzburg


Der (auch das) Tabernakel (lateinisch tabernaculum „Hütte, Zelt“) ist in römisch-katholischen und alt-katholischen Kirchen die Bezeichnung für den Aufbewahrungsort der Reliqua sacramenti, der in der Eucharistiefeier konsekrierten Hostien, die nach katholischer Lehre Leib Christi sind und bleiben. Der Tabernakel ist in der Regel ein künstlerisch gestaltetes Sakramentshaus mit massiven Wänden und verschließbarer Tür; er ist ein Ort stiller Anbetung.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Bedeutung


  • 2 Standort in der Kirche


  • 3 Siehe auch


  • 4 Literatur


  • 5 Weblinks


  • 6 Einzelnachweise





Bedeutung |


Der Name ist eine Umwidmung und Neuprägung des Offenbarungszelts (Einheitsübersetzung) bzw. der Stiftshütte (Lutherbibel) des Tanachs, die in der lateinischen Bibel tabernaculum testimonii (lat. „Zelt der [göttlichen] Offenbarung“) benannt wird. In der hebräischen Sprache ist es als Mischkan (משכן, „Gottes Heimstätte auf Erden“) bekannt. Darin wurden die Gebotstafeln Moses (als Allerheiligstes) aufbewahrt und auf den biblischen Wanderungen des Volkes Israel mitgeführt; siehe Mischkan. Zugleich ist das Wort in der römisch-katholischen Verwendung ein vorwegnehmender Bezug auf das „himmlische Jerusalem“ (siehe Eschatologie), das als „Zelt Gottes bei den Menschen“ (tabernaculum Dei cum hominibus) bezeichnet wird (Offb 21,3 EU).



Standort in der Kirche |


In romanischen Kirchen wurden die konsekrierten Hostien, die für die Sterbekommunion aufbewahrt wurden, in einer vergitterten Nische im Chorraum oder in einem Wandtabernakel verwahrt. Im Hochmittelalter entwickelte sich in Theologie und Liturgie eine starke Betonung der Realpräsenz Jesu Christi im Allerheiligsten und die Verehrung des menschgewordenen Gottessohnes in der Brotsgestalt. Sie wurde gefördert durch eine von Schauverlangen bestimmte hochmittelalterliche Eucharistiefrömmigkeit.[1] Die Gotik entwickelte zuerst turmartige Sakramentshäuser aus kunstvoller Steinmetzarbeit. Ab dem 14. Jahrhundert wurde der Tabernakel auch auf den Altar verlegt, wo er zentriert in das Retabel eingebaut wurde. Spätestens in der Barockzeit war der Tabernakel fast immer fest mit dem Altar verbunden. Er sollte sich in der Regel auf dem Hauptaltar befinden, in Kirchen, in denen das Stundengebet gefeiert wurde (Dom-, Kollegiat- und Klosterkirchen), aber am Altar einer Sakramentskapelle. Dort wurde nach dem Caeremoniale episcoporum üblicherweise nicht zelebriert, bis das sogenannte Tabernakeldekret vom 1. Juni 1957 auch dies vorschrieb. Dasselbe Dekret schrieb den alten Brauch fest, dass am Tabernakel das Ewige Licht die Aufbewahrung des Allerheiligsten anzeigen sollte.


Auf dem Tabernakel war im Barock eine Expositionsnische ausgebildet – häufig flankiert von zwei Engeln –, in der das Altarkreuz stand und die bei der Aussetzung des Allerheiligsten die Monstranz aufnahm. Eine barocke Sonderform ist der Drehtabernakel, bei dem ein drehbarer Zylinder im Tabernakel eingesetzt ist. Dieser Zylinder besitzt eine oder mehrere Nischen, in die ein Kelch oder eine Monstranz eingestellt werden kann. Durch Drehen des Zylinders werden diese Nischen sichtbar oder liegen verdeckt im Inneren des Gehäuses.


Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–65) wünschte in seiner Konstitution über die heilige Liturgie, Sacrosanctum Concilium, dass die „Bestimmungen über die […] edle Form des eucharistischen Tabernakels, seinen Ort und seine Sicherheit“[2] geändert werden sollten. In seit dieser Zeit gebauten oder umgebauten Kirchen befindet sich der Tabernakel meist in einer eigenen Seitenkapelle oder im Altarraum seitlich auf einer Stele.



Siehe auch |


  • Realpräsenz


Literatur |




  • Claus Bernet: Der Tabernakel und das Neue Jerusalem. Norderstedt 2015, ISBN 978-3-7386-3493-8.


  • Ralf van Bühren: Kirchenbau in Renaissance und Barock. Liturgiereformen und ihre Folgen für Raumordnung, liturgische Disposition und Bildausstattung nach dem Trienter Konzil. In: Stefan Heid (Hrsg.): Operation am lebenden Objekt. Roms Liturgiereformen von Trient bis zum Vaticanum II. Berlin 2014, S. 93–119 (Volltext online).

  • Hans Caspary: Das Sakramentstabernakel in Italien bis zum Konzil von Trient. Gestalt, Ikonographie und Symbolik, kultische Funktion. München 1964.


  • Emil J. Lengeling: Die Bedeutung des Tabernakels im katholischen Kirchenbau. In: Liturgisches Jahrbuch. 16. Jahr (1966), S. 156–186.

  • Edmond Maffei: La Réservation Eucharistique jusqu’à la Renaissance. Brüssel 1942.

  • Otto Nußbaum: Die Aufbewahrung der Eucharistie (Theophaneia, 29). Bonn 1979.

  • Achim Timmermann: Real presence. Sacrament houses and the body of Christ, c. 1270–1600 (Architectura Medii Aevi, 4). Turnhout 2010.



Weblinks |



 Commons: Tabernakel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


 Wiktionary: Tabernakel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

  • Video zum Tabernakel aus der mystagogischen Kirchenführung der katholischen Citykirche Wuppertal


Einzelnachweise |




  1. Hans Bernhard Meyer: Eucharistie. Geschichte, Theologie, Pastoral; Gottesdienst der Kirche. Handbuch der Liturgiewissenschaft, Teil 4; Regensburg 1989; ISBN 3-7917-1200-4; S. 580–583.


  2. Sacrosanctum Concilium Nr. 128.









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