Bingium




Bingium ist der lateinische Name der heutigen Stadt Bingen am Rhein, den diese während ihrer Zugehörigkeit zum Römischen Reich trug. Strategisch an der überregional bedeutsamen Römerstraße zwischen Trier und Mainz an der Einmündung der Nahe in den Rhein gelegen, entwickelte sich um ein von Drusus angelegtes Kastell eine Zivilsiedlung im Rang eines vicus. Vom Militärlager und der Zivilsiedlung haben sich so gut wie keine oberirdischen Reste erhalten. Allerdings bezeugen zahlreiche Funde die römische Anwesenheit, unter anderem auch das bekannte „Grab des Arztes“ und Hinweise auf einen römischen Mercuriustempel an der Stelle der heutigen Basilika.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Gründung und Lage


  • 2 Militärstandort


  • 3 Zivilsiedlung


  • 4 Nahebrücke


  • 5 Nekropolen


  • 6 Siehe auch


  • 7 Literatur


  • 8 Einzelnachweise und Anmerkungen





Gründung und Lage |


Möglicherweise befand sich an der Einmündung der Nahe in den Rhein bereits eine keltische Vorgängersiedlung. Im Rahmen der römischen Expansion zum Rhein gründete Drusus 13/12 v. Chr. im späteren Mogontiacum (Mainz) ein Legionslager und an dessen Verbindungsstraße zu der vermutlich etwa älteren Augusta Treverorum (Trier) im ersten Jahrzehnt vor Christus ein Kastell an rechten Ufer der Nahe und unmittelbar vor deren Mündung in den Rhein. Die Lage von Bingium war für das römische Militär strategisch wichtig: Neben der militärischen Absicherung der Nahemündung wurden hier der Beginn des Mittelrheintals sowie die auslaufenden Ebenen der Ingelheimer Rheinebene und des unteren Nahetals abgesichert.


Tacitus erwähnt Bingium in seinen historiae.[1] Dies war wahrscheinlich der auf keltische Wurzeln zurückgehende Name des von Drusus gegründeten Kastells, der sich dann auf die Zivilsiedlung übertrug.



Militärstandort |


Von dem römischen Kastell sind keine baulichen Spuren nachweisbar. Möglicherweise handelte es sich um ein Holz-Erde-Kastell. Von mindestens einer römischen Befestigungsanlage kann allerdings ausgegangen werden, welche eine Fuhrt und dann die nachgewiesene römische Nahebrücke der wichtigen Überlandstraßen schützte. Frühere Annahmen, dass es zwei Befestigungsanlagen in Bingen und dem am anderen Naheufer liegenden Bingerbrück gab, gelten mittlerweile als überholt.[2]


Die Präsenz des römischen Militärs ist auch über literarische Erwähnungen, beispielsweise in der Notitia dignitatum, sowie über zahlreiche epigraphische Nachweise in Form von Grabsteinen römischer Militärangehöriger belegt. Für die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts sind als Auxiliartruppen belegt: cohors IV Delmatarum, cohors I Pannoniorum sowie cohors I Sagittariorum. Die Auxiliartruppen wurden in flavischer Zeit abgezogen. Stattdessen wurden Vexillationen der Legio XIIII Gemina und der später dauerhaft in Mogontiacum stationierten Legio XXII Primigenia nach Bingium abkommandiert. Entsprechende Ziegelstempel an Baumaterial wurden in Bingerbrück gefunden. Außerdem ist die Anwesenheit eines Kommandos der Legio IV Macedonica durch einen weiteren Grabsteinfund bezeugt. Für das Ende des 4. Jahrhunderts sind milites Bingensis bezeugt, die als städtische Miliz Militäraufgaben übernahmen. Für den Beginn des 5. Jahrhunderts nennt die Notitia dignitatum einen praefectus militum Bingensium als militärischen Befehlshaber für das dort genannte bingio.



Zivilsiedlung |


Nach dem Bau des Kastells entstand rasch eine aufstrebende zivile Siedlung mit dem Status eines vicus. Die Anbindung von Bingium an die entstehende Römische Rheintalstraße von Mogontiacum
zur Colonia Claudia Ara Agrippinensium sorgten für gute Handelsmöglichkeiten und einen regen zivilen und militärischen Verkehr. Die Zivilsiedlung war Mitte des 4. Jahrhunderts entsprechend von regionaler Bedeutung. Ausonius berichtet 370 in seiner Mosella[3] von einer Ummauerung des Ortes. Vorangegangen waren größere Germaneneinfällen im Jahr 359, die Kaiser Julian veranlassten, die Zivilsiedlung mit einer Festungsmauer schützen zu lassen.[4]



Nahebrücke |


Zwischen den heutigen Orten Bingen und Bingerbrück verband eine römische Pfahlrostbrücke beide Naheufer. Auf dieser Brücke überquerten die strategisch wichtige Ausoniusstraße nach Trier und die Rheintalstraße nach Köln die Nahe.


1983 fand man bei Arbeiten im Nahebett eiserne Pfahlschuhe, Eichenpfähle sowie eine größere Anzahl von Spolien. Dendrochronologische und -archäologische Untersuchungen identifizierten die Funde als Gründungspfähle aus dem Jahr 77. Damit gehört der Brückenbau in die Regierungszeit des flavischen Kaisers Vespasian und datiert zeitgleich mit weiteren Brückenbauprojekten in den römischen Städten Köln und Mainz.




Grabstein des Annaius Daverzus im Museum Römerhalle in Bad Kreuznach



Nekropolen |


Das römische Bingium lässt sich vornehmlich über mehrere Nekropolen und ihre reichhaltigen Funde erschließen. In Bingerbrück wurde beim Bau des Bahnhofs um 1860 eine größere Nekropole mit zahlreichen Grabsteinen römischer Militärangehöriger der Auxiliartruppen und Zivilpersonen entdeckt. Der Grabstein des Annaius, eines Angehörigen der cohors IV Delmatarum, weist dabei eine detaillierte Ansicht römischer Waffen und Kleidung der Epoche der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts auf.[5] Weitere Grabfunde gibt es entlang der heutigen Mainzer Straße sowie in Bingerbrück längs der Straße nach Köln. In Bingen selbst befinden sich im Bereich der Burg Klopp zwei weitere Friedhöfe. Hier wurde auch das berühmte Grab des Arztes entdeckt, in dem sich zahlreiche medizinische Geräte wie beispielsweise bronzene Schröpfköpfe fanden.



Siehe auch |


Liste der Kastelle des Donau-Iller-Rhein-Limes



Literatur |




  • Heinz Cüppers: Die Römer in Rheinland-Pfalz. Theiss, Stuttgart 1990. Lizenzausgabe Nikol, Hamburg 2005, ISBN 3-933203-60-0.

  • Günther Neumann, H. Bullinger: Bingen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 3, Walter de Gruyter, Berlin / New York 1978, ISBN 3-11-006512-6, S. 5–7.

  • Winfried Dotzauer: Geschichte des Nahe-Hunsrück-Raumes von den Anfängen bis zur Französischen Revolution. Steiner, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07878-9.


  • Gerd Rupprecht, Alexander Heising (Hrsg.): Vom Faustkeil zum Frankenschwert. Bingen. Geschichte einer Stadt am Mittelrhein. Mainz 2003, ISBN 3-8053-3257-2.



Einzelnachweise und Anmerkungen |




  1. Tacitus, historiae, 4,70.


  2. H. Bullinger, RGA S. 5


  3. Mosella 1. Ausonius verwendet dort die Namensform Vinco, eine gallische Ableitung des Wortes Bingen, lateinisch Bingium.


  4. Ammianus Marcellinus 18,2,1.


  5. CIL 13, 7507.


49.9669444444447.895Koordinaten: 49° 58′ N, 7° 54′ O


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