Nebenfluss






Klassifikation der Gewässer


Ein Nebenfluss ist ein Fließgewässer, das in ein anderes, normalerweise größeres Fließgewässer mündet und diesem damit tributär ist.


Hauptflüsse dagegen erreichen zumeist das Meer oder enden andernfalls durch Versiegen oder Verdunsten, mitunter in Endseen.




Inhaltsverzeichnis






  • 1 Begriffliche Einordnung


  • 2 Orohydrografische Merkmale


  • 3 Namensgebung von Haupt- und Nebenflüssen


    • 3.1 Nominelle Nebenflüsse als hydrologische Hauptflüsse




  • 4 Einzelnachweise


  • 5 Weblinks





Begriffliche Einordnung |


Der Begriff Nebenfluss ist im beschriebenen Sinne umgangssprachlich weitgehend eindeutig (der Nebenbach ist im hydrologischen und geographischen Sprachgebrauch ebenfalls ein Nebenfluss). Weniger offensichtlich sind jedoch einige Abgrenzungen zu Nachbarbegriffen.


Der Begriff Zufluss ist unspezifischer und umfasst auch im geographischen Teil seines Bedeutungsbereichs etwas mehr: unter anderem künstliche Gerinne wie Kanäle (gemeint sind Kraftwerkskanäle oder Abwasserkanäle, nicht aber kanalisierte natürlich entstandene Fließgewässer) oder Gewässer, die Seen zufließen und damit einem unmittelbar paarweise auszuführenden Bedeutungsvergleich entzogen sind.


Der Begriff Zustrom umfasst darüber hinaus auch nicht linienhaft zutretendes Wasser, etwa Grundwasser oder flächenhaft zuströmendes Wasser nach Starkregen (bis hin zu Schichtfluten wechselfeuchter Klimate).


Mit Nebenstrom wird im geographischen Kontext oft der kleinere Stromteil bezeichnet, der eine Flussinsel umströmt. Der Begriff bezieht sich also nicht auf Flussvereinigungen, sondern auf vorübergehende oder endgültige Flussverzweigungen. In ähnlichem Sinne werden die Bezeichnungen Nebenarm oder Strom-/Flussarm gebraucht.


Von zwei Quellflüssen spricht man in einigen Fällen ohne augenscheinlich eindeutigen Hauptfluss. Sie vereinigen sich dann zu einem Fluss anderen Namens wie im Beispiel von Fulda und Werra, die sich zur Weser vereinigen, oder aber beide führen bereits den späteren Namen mit Zusatz wie Vorderrhein und Hinterrhein oder Weißer Main und Roter Main.



Orohydrografische Merkmale |


Die Begriffsunterscheidungen machen deutlich, dass das Lemma Nebenfluss nur eines von vielen Elementen eines Flusssystems bezeichnet.


Eine einfache Systematisierung unterscheidet direkte Nebenflüsse eines Hauptflusses und indirekte Nebenflüsse, die selbst in einen Nebenfluss münden.
Die Isar beispielsweise ist ein direkter Nebenfluss der Donau. Die Amper wiederum ist ein direkter Nebenfluss der Isar und damit ein Nebenfluss zweiter Ordnung der Donau oder deren indirekter Nebenfluss. Es gibt mehrere Ansätze, die Abfolge ineinander mündender Fließgewässer von den Quellen bis zum Ende des Hauptflusses mit aufsteigenden Flussordnungszahlen zu systematisieren. Es ergeben sich damit Nebenflüsse unterschiedlicher Ordnung.


Die Mündungsrichtung eines Nebenflusses wird bezogen auf die Fließrichtung des Hauptflusses angegeben. Man unterscheidet (immer flussabwärts blickend) orografisch rechte und linke Nebenflüsse. Beispielsweise fließt der Neckar orografisch von rechts in den Rhein und die Mosel von links.


Die orohydrografische Betrachtung eines Flusssystems kommt bei der Feststellung des Haupt-Quellastes und der Hierarchie der Nebenflüsse nicht selten zu anderen Ergebnissen, als es die historisch gewachsenen Flussnamen nahelegen. Dennoch wirken sich die historisch gewachsenen Namen meistens auch auf die Flussordnungszahlen aus.



Namensgebung von Haupt- und Nebenflüssen |


Beim Zusammentreffen zweier Flüsse fließt üblicherweise der kleinere als Nebenfluss in den größeren Fluss, der als Hauptfluss den Namen beibehält. Welches Maß die Größe des Flusses festlegt, ist jedoch nicht verbindlich definiert. Die historisch gewachsene Namensgebung hat üblicherweise den augenscheinlich größeren Fluss den Namen beibehalten lassen. Üblicherweise wird daher die Wasserführung herangezogen, um den Hauptfluss zu bestimmen. Gelegentlich, etwa wenn das Volumen der Flüsse nicht bekannt oder nicht offensichtlich ist, werden die Lauflänge oder das Einzugsgebiet, beides annähernd aus topografischen Karten bestimmbar, herangezogen.


In uneindeutigen Fällen führt nicht selten keiner der Flüsse den Namen weiter. Ein bekanntes Beispiel für einen neuen Flussnamen ab der Mündung ist die Weser, die aus der längeren Werra und der wasserreicheren Fulda entsteht.[1] Interessant ist an diesem Beispiel, dass Werra und Weser einst als ein Fluss benannt waren (Wisahara/Visarius). Weitere Beispiele sind Marañón (wasserreicher) und Ucayali (länger), aus denen der Amazonas hervorgeht. Die Rednitz (ist mit der Fränkischen Rezat länger) und die Pegnitz bilden bei Fürth die Regnitz. Die Brigach und die wasserreichere und längere Breg bringen bei Donaueschingen die Donau zuweg.[2]


Nebenflüsse können zuweilen länger sein als der wasserreichere Hauptfluss oder auch ein größeres Einzugsgebiet aufweisen. Der Grund kann im ersten Fall ein schmales Einzugsgebiet sein oder im anderen Fall eine geringere mittlere Abflussspende des Einzugsgebietes.



Nominelle Nebenflüsse als hydrologische Hauptflüsse |


Es gibt auch Nebenflüsse, die an der Mündung mehr Wasser führen als der nominelle Hauptfluss. Sie sind damit ein Teil des Hauptfließweges in einem Flusssystem, hydrologisch betrachtet also der Hauptfluss. Viele dieser scheinbaren Nebenflüsse übertreffen den Hauptfluss auch hinsichtlich der Länge oder der Größe des Einzugsgebietes.


Häufige Ursachen, warum der kleinere der beiden Flüsse den Namen des vereinigten Flusses tragen darf, sind:



  • Der nominelle Hauptfluss hat die gleiche Fließrichtung wie unterhalb des Zusammenflusses (Beispiele hierfür sind Donau und Iller oder Rhein und Aare).

  • Der nominelle Hauptfluss folgt einer landschaftlich markanteren oder naturräumlich bedeutenderen Senke (Beispiel: Donau und Inn, Orinoco und Guaviare).

  • Das Tal des nominellen Hauptflusses ist länger oder dichter besiedelt, da fruchtbarer, weiträumiger oder verkehrsgünstiger (Beispiel: Elbe und Moldau).

  • Der nominelle Nebenfluss entspringt in einem anderen Kulturraum als der Rest des Flusssystems.


Nachfolgend eine sortierbare Tabelle von Nebenflüssen, die an ihrer Mündung nach gewässerkundlichen Merkmalen als Hauptflüsse anzusprechen wären. In der Grundeinstellung ist die Tabelle nach dem Abflussverhältnis geordnet (Spalte 9). Die Größen Abfluss, Einzugsgebiet und Länge beziehen sich jeweils auf den Ort unmittelbar oberhalb der Mündung.























































































































































































































































































































































































































































































Nomineller
Nebenfluss


Abfluss
(MQ)
[m³/s]

Einzugs-
gebiet
[km²]

Länge

[km]

Nomineller
Hauptfluss


Abfluss
(MQ)
[m³/s]

Einzugs-
gebiet
[km²]

Länge

[km]

Verhältnis
Abfluss
[%][3]

Verhältnis
EZG
[%][3]

Verhältnis
Länge
[%][3]

Rüttebach 0,43 9,28 4,18 Wehra 0,10 2,28 2,65 430 407 158
Seenbach 1,29 96,5 18,3 Ohm 0,40 28,3 16,9 325 341 108
Isel 39 1201 57,9 Drau 13,5 670,4 59,1[4]
289 179 97
Spree 36 9858 375 Havel 15 3399 168,1 240 290 223
Zschopau 23,8 1847 130 Freiberger Mulde 10,3 1138 100,6 231 162 129
Nagold 13,3 1145 90,4 Enz 6,5 328 44,3 204 349 204

Luvua (mit Luapula und Chambeshi)[5]
1274 296.600 1400
Lualaba (Kongo)
651 187.800 960 196 158 146
Rhume 16,5 1194 72,4[6]

Leine[7]
9,2 995 83 179 120 87
Schwarza (im Schwarzwald) 2,6 111 29,3 Schlücht 1,5 86 21,3 173 129 138

Guaviare[8]
7400 166.170 1760 Orinoco 4750 58.000 850 156 287 207

Angara[9]
4500 1.039.000 3500 Jenissei 2900 360.000 1970 155 289 178
Schleuse 4,9 282,9 34,2 Werra 3,0 273,0 46,1 150 104 74
Itter 1,2 52,1 19,3 Diemel 0,8 39,0 16,2 150 134 119
Moldau 151 28.090 440 Elbe 101 13.748 279 150 204 158
Oker 12,1 1834 128 Aller 8,2 1720 119,6 149 107 108
Iller 70,9 2152 147 Donau 49 5430 303 145 40 49
Leine 62,4[10]
6512 281 Aller 43,4[11]
7209[11]
196 144 90 143
Ohio 7973 525.770 2102 Mississippi 5.865[12]
1.847.188[12]
4442[13]
136 28 47
Eder 34,8 3361 176,1 Fulda 27,0 2997 175,4 129 112 100
Aare 563 17.779 288,2 Rhein 439 15.907[14]
304,3[15]
128 112 95

Araguaia[16]
5507 384.800 2198 Tocantins 4527 305.551 1970 127 126 116
Regnitz 56,6 7523 162,1 Main 44,7 4416 142,8 127 170 114
Neger 1,3 53,9 17,7 Ruhr 1,1 53,0 16,7 118 102 106
Hillebach 17,3 7,7 Ruhr 13,7 6,7 126 115

Flaz[17]
7,9 194 22 Inn 6,8 196 27 116 99 81
Oder (im Harz) 6,3[18]
385 56,8 Rhume 5,5[19]
499,8 25,1 115 77 226
Doubs 176 7710 453 Saône 159 11.720 311 111 66 146
Inn 738 26.063 517 Donau 690 49.716 663 107 52 78
Ohm 7,95 983,8 59,8 Lahn 8,83 651,7 58,8 90 151 102
Unstrut 30,2 6364,2 192 Saale 36,8 5097,2 158 82 125 122
Missouri 2380 1.371.010 4130[20]
Mississippi 2920[21]
434.220[21]
1862 81 316 222
Warthe 195 54.529 808
Oder[22]
325 53.752 629 70 101 128
Vaal 125 189.000 1250 Oranje 220 89.000 1050[23]
57 212 119
Irtysch 2960[24]
1.673.470 4248 Ob 7200 1.016.000 3176 41 165 134
Darling 216 635.480[25]
2844 Murray 524 323.310 1547[26]
41 197 184


Einzelnachweise |




  1. Friedrich Wilhelm: Hydrologie, Glaziologie, Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1966, S. 54


  2. (Merkspruch: „Brigach und Breg bringen die Donau zuweg.“)


  3. abc Es wurde jeweils der Quotient des Wertes des Nebenflusses durch den des Hauptflusses oberhalb der Mündung berechnet und mit 100 multipliziert – „100“ hieße dementsprechend „Gleichstand“.


  4. Länge über Sextner Bach


  5. Mamdouh Shahin: Hydrology and water resources of Africa, Vol. 1, 2002, S. 342


  6. Länge einschließlich Nebenfluss Oder; Rhume allein: 40,7 km


  7. Nach Untersuchungen für eine hydrologische Simulation, Dissertation von Klaus Stephan, Bonn 2003 (Abstract und PDF-Download)


  8. Gustavo Silva León: La cuenca del río Orinoco: visión hidrográfica y balance hídrico (Revista Geográfica Venezolana, Vol. 46(1) 2005, 75-108; PDF; 1,4 MB), auf S. 100, Tabelle zur Abflussbilanz)


  9. Länge Angara über den Fließweg Tuul – Orchon – Selenga, Länge Jenissej mit Kleinem Jenissej einschließlich Schischchid gol oberhalb des Sees Dood Nuur; Abfluss Jenissej abgeleitet aus den Pegeln Jenissejsk und Tatarka


  10. Pegel Schwarmstedt


  11. ab Pegel Marklendorf


  12. ab Pegel Thebes, Global Runoff Data Centre (2008): Long-Term Mean Monthly Discharges and Annual Characteristics of GRDC Station / Global Runoff Data Centre. Koblenz, Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), 2009


  13. mit Missouri/Jefferson, Mississippi allein: 2172 km


  14. A. G. Scherrer: Szenarien für die extremen Hochwasser des Rheins bei Basel. Reinach 2004.


  15. Vorderrhein mit Rein da Medels oder Rein da Medels: 75,1 km, Alpenrhein: 85,7 km, Bodensee bis zum Beginn der Rhein-Kilometrierung in Konstanz: 41,0 km (Rhein-Museum, Koblenz), Konstanz bis Aare-Mündung: 102,5 km.


  16. Ministério do meio ambiente, Secretaria de recursos hídricos: Programa de estruturação institucional para a consolidação da política nacional de recursos hídricos – BRA/OEA/01/002, 2006 (S. 6; port.) (Memento vom 5. Juli 2010 im Internet Archive)


  17. Die Laufverlegung des Flaz 2004 hat alle Werte beeinflusst. Oberhalb der Mündung wurde der Flaz gut 2 km länger, der Inn fast 3 km. Das Einzugsgebiet des Flaz wuchs um 2,6 km² (1,3 %), das des Inn um 7,6 km² (4,0 %).


  18. Pegel Lindau O


  19. Pegel Lindau R


  20. mit Oberlauf Jefferson River


  21. ab errechnet aus Pegel St. Louis unterhalb der Mündung


  22. Ermittelt aus den Pegeldaten Kietz (EZG), Eisenhüttenstadt und Hohensaaten (MQ)


  23. Die Längenangaben für Vaal und Oranje variieren stark, ein Unterschied von 200 Kilometern zeichnet sich aber ab und bestätigt sich auch bei Luftbildausmessungen (google earth). Hierbei ergibt sich jedoch für den Vaal 1.450 km und für den Oberen Oranje 1.240 km.


  24. Zum Pegelwert Hanti Mansijsk (Global Runoff Data Centre (2008): Long-Term Mean Monthly Discharges and Annual Characteristics of GRDC Station / Global Runoff Data Centre. Koblenz, Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), 2009) wurde der Gebietsabfluss des verbleibenden Einzugsgebietes ermittelt (aus dem Zwischeneinzugsgebiet der Pegel Hanti-Mansijsk, Prochorkino und Belogore) und dazu addiert.


  25. Übersicht Teileinzugsgebiete und -ablüsse, Teileinzugsgebiete jew. des Darling und des Murray aufsummiert


  26. Australian Government: Geoscience Australia, Daten von Sept. 2008



Weblinks |



 Wiktionary: Nebenfluss – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen








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