Lucien Bonaparte
Lucien Bonaparte (geboren als Luciano Buonaparte, seit 1814 Principe de Canino e Musignano; * 21. Mai 1775 in Ajaccio, Korsika; † 29. Juni 1840 in Viterbo, Italien), war Angehöriger der Familie Bonaparte und Bruder des französischen Kaisers Napoleon I.
Inhaltsverzeichnis
1 Leben
2 Nachkommen
3 Literatur
4 Weblinks
5 Einzelnachweise
Leben |
Lucien war der dritte Sohn des Carlo Buonaparte. Nach seiner Ausbildung in Frankreich wurde er 1789 in Ajaccio einer der radikalsten Wortführer des Jakobiner-Clubs. Als der Wohlfahrtsausschuss die Entchristianisierung einleitete, legte er seinen Vornamen ab und nannte sich vorübergehend Brutus Buonaparte.
Als Anhänger Robespierres wurde er am 27. Juli 1794 (9. Thermidor) in Aix en Provence nach dessen Sturz in Haft genommen. Dank der Intervention seines älteren Bruders Napoléon konnte er mit knapper Not der Guillotine entkommen.
Als Präsident des Rates der Fünfhundert in Saint-Cloud stand er diesem Parlament beim Staatsstreich des 18. Brumaire VIII vor. In dieser Position gelang es ihm, seinen Bruder Napoléon am 10. November 1799 zum Ersten Konsul wählen zu lassen.
In erster Ehe war Lucien ab 1794 mit der wohlhabenden Erbin Christine Boyer (1773–1800) verheiratet. Während des Konsulats war er 1799 Innenminister und später 1800 Botschafter in Spanien. Gemeinsam mit Manuel de Godoy (1767–1851), dem Ersten Minister Spaniens, griff er im so genannten Orangenkrieg (spanisch Guerra de la Naranjas) Portugal an. Anstatt das Land zu besetzen, wie es sein Bruder wollte, erpressten Lucien und de Godoy eine hohe Entschädigung für sich selbst und gewährten den milden Frieden von Badajoz. Napoleon war außer sich vor Wut und nannte seinen Bruder einen Schuft und Dieb.
Auf Luciens Anregung wurde die Académie française, deren Mitglied er von 1803 bis 1816 war, 1803 wiedererrichtet. Im selben Jahr heiratete er gegen den Willen Napoléons Alexandrine de Bleschamp, die unter dem Namen Madame Jouberton bekannten Witwe Hippolyte Joubertons. Aus dieser Ehe stammten zehn Kinder.
Nach einem Zerwürfnis mit dem Bruder, da er eine nicht standesgemäße Frau geheiratet hatte, zog Lucien sich 1804 auf seine Ländereien in Canino in Italien zurück. Als er 1810 nach Amerika auswandern wollte, geriet er in britische Gefangenschaft, die bis zum Jahre 1814 andauerte. Währenddessen residierte er auf dem Landsitz Thorngrove in Worcestershire. Von den Briten freigelassen, wurde er von Papst Pius VII. 1814 zum Principe de Canino e Musignano erhoben und somit souveräner Herrscher von päpstlichern Gnaden über seine Ländereien.
Trotz seiner Differenzen mit dem Kaiser unterstützte er Napoléon 1815 bei dessen Rückkehr der Hundert Tage. Nach der Schlacht von Waterloo und der endgültigen Abdankung Napoléons wurde Lucien in Turin vom König von Sardinien festgesetzt und nach Intervention Pius VII. freigelassen. Im Zuge der Restauration der Bourbonen wurde er 1816 aus Frankreich verbannt und verlor seinen Sitz in der Académie française. Er verbrachte den Rest seines Lebens in Italien. Dort grub er als Hobby-Archäologe römische Kunstwerke aus und interessierte sich für die Etrusker. 1823 wurde er zum Mitglied der American Philosophical Society gewählt.[1]
Als Autor verfasste Lucien Werke in Prosa und in Reimform; so den Roman La Tribu indienne (deutsch Der Indianerstamm) und das Gedicht Charlemagne über Karl den Großen.
Nachkommen |
Sein ältester Sohn Charles Lucien wurde ein weltbekannter Ornithologe. Luciens Sohn Pierre galt als Enfant terrible der Familie. Sein Sohn Louis Lucien Bonaparte war ein bekannter Linguist. Seine Urenkelin Marie Bonaparte war eine Vorkämpferin der Psychoanalyse und Weggefährtin Sigmund Freuds. Es gab noch weitere Nachkommen, die wissenschaftliche Neigungen hatten: Aus der Ehe seiner Tochter Letizia mit dem Engländer Thomas Wyse ging Louis Lucien Napoleon Wyse hervor, der die Landenge von Panama erforschte, und sein Enkel Roland Bonaparte (ein Sohn von Pierre Napoleon Bonaparte) war ein bekannter Anthropologe.
Literatur |
Felix Grayeff: Lucien Bonaparte. Bruder des Kaisers, Gegner des Kaiserreichs. Claassen, Hamburg 1966.
Weblinks |
Commons: Lucien Bonaparte – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Literatur von und über Lucien Bonaparte im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Kurzbiografie und Werkliste der Académie française (französisch)
http://www.napoleon.org/en/essential_napoleon/family_tree/detail/17.html (englisch)
http://www.histofig.com/history/empire/personnes/france_bonaparte_lucien_fr.html (französisch)
Einzelnachweise |
↑ Member History: Lucien Bonaparte. American Philosophical Society, abgerufen am 11. Mai 2018.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Jean-Pierre Chazal | Präsident des französischen Rats der Fünfhundert 23. Oktober 1799 – 12. November 1799 | Joseph Boulay de la Meurthe |
Pierre Simon de Laplace | Innenminister von Frankreich 25. Dezember 1799 – 7. November 1800 | Jean-Antoine Chaptal |
Personendaten | |
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NAME | Bonaparte, Lucien |
ALTERNATIVNAMEN | Canino, Lucien Bonaparte Prince de |
KURZBESCHREIBUNG | französischer Autor, drittgeborene der Brüder Bonaparte |
GEBURTSDATUM | 21. Mai 1775 |
GEBURTSORT | Ajaccio, Korsika |
STERBEDATUM | 29. Juni 1840 |
STERBEORT | Viterbo, Italien |